Armut, Reichtum, Schuld und Buße der Gräfin Dolores

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Achim von Arnim
(1781-1831)

Armut, Reichtum, Schuld und Buße der Gräfin Dolores ist ein Roman von Achim von Arnim, der zu Ostern 1810 bei Reimer in der Realschulbuchhandlung Berlin erschien.[1]

Erzählt wird aus dem Leben der Schwestern Dolores und Klelia sowie des Grafen Karl.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Inhalt

[Bearbeiten] Armut

In einer kleinen süddeutschen Residenzstadt: Graf P. hat sich durch leichtsinnigen Lebenswandel verschuldet und macht sich mit dem restlichen Bargeld nach Übersee davon. Die Gräfin stirbt daheim vor Gram. Die beiden Töchter, die fromme, bedachte Klelia und die vergnügungssüchtige, hübschere Dolores, bleiben verarmt auf dem elterlichen Schloss zurück. Das Personal muss entlassen werden. Das Anwesen verkommt. Die beiden schönen Mädchen müssen sich während des Krieges gegen einquartierte Soldaten erwehren. Das Militär zieht ab. Graf Karl, ein vorbeireitender Student, findet Gefallen an der heiratswilligen Dolores. Ungeachtet der drückenden Armut im Schloss verlobt er sich mit ihr und gibt das meiste seiner beschränkten Mittel für die Lebenshaltung der Schwestern her. Für sich behält der Student nur das Nötigste.

[Bearbeiten] Reichtum

Während Klelia sich bei Verwandten in Sizilien durchschlägt, bringt Dolores das Vermögen ihres Verlobten durch. Als Graf Karl, der seine Studien beendet hat, von der Universität zurückkehrt, streitet sich das Brautpaar. Dolores sieht der Ehe mit einem „harten Manne“ entgegen. Sie will unnachgiebig bleiben. Karl hingegen erkennt, glücklich leben kann er zwar mit Dolores nicht, doch will er zumindest für das Glück seiner künftigen Frau leben. Das Paar heiratet. Zuvor hat Karl sich Dolores seufzend ergeben. Ihre Herrschaft über ihn ist besiegelt. Volljährig geworden, übernimmt der Graf seine Güter. Er ist somit ein vermögender Mann geworden und kann auch das elterliche Stadtschloss der Ehefrau erwerben. Doch den Grafen zieht es auf sein ländliches Anwesen. Auch auf dem Lande streitet und versöhnt sich das Paar. Briefpost aus Palermo kommt an. Klelias Heimweh, die Sehnsucht nach dem „lieben deutschen Frühling“, stimmt den Grafen nachdenklich. Dolores, inzwischen schwanger geworden, begegnet den „Weltverbesserungen“ des Gatten skeptisch. Die Gebräuche der Landbevölkerung findet Dolores abgeschmackt, wird jedoch von der Tradition ergriffen. Dolores verspottet sowohl den Erntefleiß der Bauern als auch ihren Gatten, der die Erntearbeiten beaufsichtigt. Bei alledem liebt der Graf seine Frau hingebungsvoll. Dolores sehnt sich nach der kurzweiligeren Stadt. Eigentlich kein Landwirt, gibt Graf Karl nach. Das Paar verlässt im Herbst seinen Landsitz und sucht wiederum das Stadtschloss auf.

[Bearbeiten] Schuld

Dolores bringt einen Knaben zur Welt. Der Kleine wird Karl genannt. Der nächste Brief aus Palermo verkündet, Klelia hat den vermögenden spanischen Herzog von A. geheiratet. Dolores neidet der Schwester das Eheglück und schaut hochmütig auf ihren landadeligen Gatten herab, der ein paar Bauernknaben das Lesen lehren will. Markese D., angeblich ein Cousin des Herzogs von A., überbringt Dolores neue Nachrichten von der Schwester. Graf Karl begibt sich zu seinen Bauern. Dolores bleibt in der Stadt zurück. Der Markese D. macht Dolores den Hof, erweckt ihre Begierde, demütigt sie darauf und schläft ein einziges Mal mit ihr[2]. Als Graf Karl in die Stadt zurückkehrt, bemerkt er „etwas Frevelndes in“ Dolores und schweigt aber. Der Markese geht mit dem Grafen aufs Land und erschleicht sich die Freundschaft des Gastgebers. Als der Markese vom Lande allein in die Stadt zurückkehrt, überreicht er Dolores einen zärtlichen Brief, in dem ihr der Gatte „seinen liebsten Freund“, den Markese, wärmstens empfiehlt. Kurz bevor der Markese zu seiner nächsten Eroberung eilt, macht ihm Dolores vergeblich bittere Vorhaltungen. Sie habe sich ihm hingegeben und der Undankbare verlasse sie nun. Manchmal redet Dolores im Schlafe. Drei Monate nach der Abreise des Markese, der Graf ist mittlerweile wieder bei Dolores, gesteht die inzwischen wieder schwangere Frau dem Ehemanne wider Willen im Nachtschlafe ihre „schwere Schuld“. Graf Karl sinnt auf Rache an dem Markese. Eines Tages öffnet er einen Brief - die herzliche Einladung nach Sizilien. Darin schreibt Klelia, endlich habe sie ihren Gatten wieder. Der Herzog A. habe ja unter dem Namen Markese D. in Deutschland die Gastfreundschaft der Schwester und des Schwagers genossen.

Der Graf richtet es so ein, dass ihn Dolores, im Umgang mit Schusswaffen ungeübt, während eines Schützenfestes erschießen soll.

[Bearbeiten] Buße

Die Kugel prallt an einer Rippe ab und verfehlt das Herz. Als sich der Graf vom Krankenlager erhebt, gesteht ihm Dolores ihre Sünde und unterwirft sich ihm. „Sie habe keinen eigenen Willen mehr.“ Das Ehepaar sitzt sich fortan häufig gegenüber. Jeder schaut beiseite. Im nächsten Brief schreibt Klelia von ihrem Glück an der Seite des Herzogs, das nur durch das Ausbleiben eines eigenen Kindes getrübt werde. Der Herzog sei ein frommer Mann. Die Frömmigkeit Klelias habe anfangs einen Reiz auf ihn ausgeübt, bis später die heiteren Briefe aus Dolores' Feder ihn zu der Schwester hingezogen hätten.

Dolores wird „von einem schönen blonden Knaben“, einem Ebenbild des Grafen, entbunden. Das Ehepaar atmet auf. Das Kind wird Johannes genannt. Der Herzog A. stirbt einen schnellen Tod und lässt Klelia „im Besitze eines unermeßlichen Vermögens kinderlos zurück“. Weil Herzogin Klelia die Kinder der Schwester zu Erben einsetzen will, geben Dolores und Graf Karl dem Drängen der Witwe nach und leben fortan in Sizilien. Jahre vergehen. Dort auf dem herzoglichen Sitz im Mezzogiorno bringt Dolores noch zehn Kinder zur Welt.

Indes kehrt Graf P. - als Engländer Moham getarnt - mit seiner ostindischen Frau Moham und den zwei gemeinsamen Kindern nach Deutschland zurück. Er bezieht sein Stadtschloss. Das Gemäuer brennt nieder. Sein alter Freund, der Fürst, beruft den Grafen P. als ersten Minister. Seinen beiden Töchtern Dolores und Klelia sendet der Graf P. „prachtvolle morgenländische Geschenke“ nach Sizilien, weiß aber nicht, was er in den Begleitbrief schreiben soll. Den Regenten rafft der Schlagfluss hinweg. Die Fürstin regiert weiter und behält den Grafen P. im Amt. Vergeblich hatte sich die Fürstin Kinder gewünscht. Der erste Minister hat von seinen zwölf Enkeln gehört und überredet die Regentin zu einer Italienreise. Ziel soll der Hof seiner Tochter Klelia sein. Die Fürstin bricht auf. In ihrem Gefolge befindet sich auch ihr Schreiber, der fischköpfige Primaner. In Sizilien schließt sich die Fürstin der Gräfin Dolores an, erzählt deren Kinderschar Märchen, fühlt „ihre weibliche Natur erwachen“ und ihr Herz entbrennt in Liebe zu dem Grafen Karl. Zwar findet der Graf bei der Fürstin „geistige Unterhaltung“, nur - „das Wort“ wird „ihm nicht zu Fleisch“. Während eines Ausfluges zum Ätna übernachten die Fürstin, der Schreiber und der Graf in einem Gasthaus. Die Fürstin meint, sie habe die Nacht mit dem geliebten Grafen verbracht. Dabei hat sie ihn nach der anstrengenden Bergbesteigung in der nächtlichen Dunkelheit mit dem Schreiber verwechselt[3]. Dolores bleibt die Leidenschaft der Fürstin nicht verborgen, doch sie schweigt. Denn die Gräfin tut Buße. Zwar trennt sich Graf P. nur ungern von seiner indischen Frau, aber ein Brief des Schreibers ruft den Staatsmann nach Sizilien: Die Regentin hat sich in seinen Schwiegersohn verliebt. Als die Fürstin der Gräfin die vermeintliche Nacht mit dem Grafen gesteht, fällt Dolores in Ohnmacht. Nachdem sie wieder zu sich gekommen ist, beichtet sie der Fürstin ihre Schuld. Daraus und aus der Nacht am Ätna leitet die Fürstin ihren Anspruch auf den Grafen her. Dolores - nach zehn Jahren immer noch büßend - will den Gatten hergeben, falls es dessen Wille sein sollte. Alles kommt ganz anders. Zufällig wird der Fürstin jener nächtliche Irrtum, dem sie im Gasthause am Ätna erlegen war, bewusst. Der erste Minister verspätet sich ein wenig. Die Fürstin vergiftet sich und den Schreiber. Das Sterben hat noch kein Ende. Ein Blutstrom füllt den Mund der Gräfin. Dolores stirbt. Ihres seligen Angedenkens wird am sizilianischen Meeresufer eine überlebensgroße Bildsäule errichtet.

[Bearbeiten] Zitat

[Bearbeiten] Form

Manche Personen - der Fürst, die Fürstin - bleiben, bis auf den Titel, anonym. Zudem schreibt Arnim unbekümmert. Zum Beispiel erwähnt er die Fürstin in einem Nebensatz[5] und lässt sie dann vier Kapitel später erstmalig auftreten[6].

Eingelegte Geschichten werden in die Handlung einverleibt. Zum Beispiel liest der Bücherwurm Klelia der Schwester Dolores die Geschichte von Hugo Capet vor. Dolores wirft währenddessen Bemerkungen ein, in denen sie das Erzählte mit ihrem Schicksal kommentiert: Wo ist der Vater? Kommt er wieder?

Der Erzähler greift vor. Er lässt den Leser ahnen, die Geschichte mit Dolores nimmt kein gutes Ende.

Als dann Arnim in der II. Abteilung: Reichtum vom Leben des gräflichen Ehepaares Dolores und Karl auf dem Lande erzählt, wird die Geduld des Lesers durch eingelegte abseitige Geschichten auf eine harte Probe gestellt. Arnim kennt den Leser genau. Er schreibt: „Warum sind doch die Leser meist so ungeduldig… Überschlagt nicht diese lehrreichen Verse.“[7] Darauf folgt eine seitenlange abseitige Elegie. Die Einlagen begleiten die Handlung bis zum Ende des Romans. Dort angekommen, blickt Arnim zurück: „Meinen Lesern, mit denen ich mich auf der gemeinschaftlichen Reise durch diese Geschichte allmählich auch verständigt habe, wird es nicht entgangen sein, wie das Dichten, insbesondre aber das dramatische in das Leben der einzelnen Menschen eingreife. Wir sahen dies in der Geschichte Hollins,…“[8]

Manchmal mischt sich der Erzähler kurz ein. Als zum Beispiel Dolores vom Markese verführt wird, schreibt Arnim: „Ich möchte, statt zu erzählen hier mit einem gewaltigen Trauermarsche die Unglückliche zu erwecken suchen: aber es ist doch zu spät.“[9]

Arnims Kommentar zu den Äußerungen der sterbenden Fürstin, diesen „harten Stöße[n] des Geschicks“[10]: „Ihre letzten jammernden Ausrufungen wollen wir nicht aufzeichnen; sie gehörten ihr wohl nicht mehr, sie sind der bloße Schrei der allgemeinen menschlichen Natur, die sich von dem gewohnten Lebenskreise mit Mühe trennt.“[11]

Manche der vielen Nebenfiguren - wie zum Beispiel der Prinz von Palagonien - werden knapp charakterisiert: „…er ist der unglücklichste und edelste Mensch, den die Erde getragen.“[12]

[Bearbeiten] Selbstzeugnisse

[Bearbeiten] Rezeption

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Zitierte Textausgabe

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Einzelnachweise

Quelle meint die zitierte Textausgabe

  1. Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 733-734
  2. am 14. Juli 1789 (Quelle, S. 651, 29. Z.v.o. und Vordtriede, S. 319, 1. Z.v.u.)
  3. Der Schreiber verursacht die Verwechslung, indem er versehentlich in der Dunkelheit das herrschaftliche Zimmer des Grafen belegt und der Graf wenig später notgedrungen das Dienerzimmer nimmt. So verfehlt die im Dunkeln tappende Fürstin den Grafen Karl.
  4. Quelle, S. 524, 7. Z.v.o.
  5. Quelle, S. 471, 7. Z.v.o.
  6. Quelle, S. 523, 7. Z.v.o.
  7. Quelle, S. 575, 17. Z.v.o.
  8. Quelle, S. 644, 33. Z.v.o.
  9. Quelle, S. 384, 3. Z.v.o.
  10. Quelle, S. 673, 30. Z.v.o.
  11. Quelle, S. 669, 16. Z.v.o.
  12. Quelle, S. 669, 29. Z.v.o.
  13. zitiert bei Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 736, 14. Z.v.u.
  14. zitiert bei Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 737, 13. Z.v.o.
  15. zitiert bei Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 738, zweiter Eintrag von oben
  16. zitiert bei Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 749, 3. Z.v.u.
  17. zitiert bei Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 738, erster Eintrag von oben
  18. Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 760, 13. Z.v.o.
  19. Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 758, 1. Z.v.o.
  20. siehe auch Fröschle, S. 339, 16. Z.v.o.
  21. zitiert bei Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 749, erster Eintrag von oben
  22. Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 757, 11. Z.v.u.
  23. Riley, S. 83, 2. Z.v.o.
  24. Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 746, 9. Z.v.u.
  25. zitiert bei Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 742, 14. Z.v.u.
  26. Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 747 unten - 748 oben
  27. Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 748, 18. Z.v.o.
  28. zitiert bei Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 753, 8. Z.v.o.
  29. „Ich muß gestehen“, sagte eine junge Dame, „ich kann mich darein nicht verstehen, ich wußte niemals, was ich aus dieser Geschichte mit den tausend Geschichten machen soll.“ (Ahnung und Gegenwart, 2. Buch, 12. Kapitel, siehe auch Kremer, S. 138, 5. Z.v.o.)
  30. zitiert bei Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 743, 15. Z.v.o.
  31. zitiert bei Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 743, 3. Z.v.u.
  32. zitiert bei Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 744, 9. Z.v.o.
  33. Böttcher, S. 283, 5. Z.v.u.
  34. Schulz, S. 398, 5. Z.v.o.
  35. Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 753, 9. Z.v.u.
  36. zitiert bei Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 755, 8. Z.v.u.
  37. Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 760, 14. Z.v.u.
  38. Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 744 unten
  39. Lützeler im Kommentar der Quelle, S. 745, 7. Z.v.u.
  40. Gerhart von Graevenitz, S. 119, 9. Z.v.o.
  41. Wolfdietrich Rasch (anno 1955) zitiert bei Peter, S. 258, 3. Z.v.u.
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