Kapitalismus Ein romantischer Humanist

Heute reden sogar Kapitalisten vom Kapitalismus: Warum Karl Marx wieder aktuell ist.

In dieser Woche findet an der Humboldt-Universität zu Berlin eine prominent besetzte Konferenz zum Werk von Karl Marx statt. Aus diesem Anlass haben wir den britischen Literaturwissenschaftler Terry Eagleton gefragt, was ihn an Marx fasziniert

Ein Loblied auf Karl Marx zu singen, könnte so abwegig erscheinen, wie ein gutes Wort für Attila den Hunnenkönig einzulegen. Waren seine Ideen nicht für Tyrannei, Massenmord und wirtschaftlichen Ruin verantwortlich? Lässt sich irgendetwas zugunsten eines Mannes sagen, von dessen Theorien ein direkter Weg zu Arbeitslagern und der Heldenverehrung eines paranoiden georgischen Bauern führte, der unter dem Namen Stalin bekannt ist? War nicht mit Mao ein weiterer von Marx’ Schülern für das wahrscheinlich größte Massengemetzel der modernen Geschichte verantwortlich?

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Marx die Schuld an Mao zu geben ist jedoch ungefähr so, als würde man Jesus die Inquisition in die Schuhe schieben. Auch an den Händen der christlichen Zivilisation klebt das Blut unzähliger unschuldiger Opfer. Dennoch legen wir diese Schreckenstaten nicht den Verfassern des Neuen Testaments zur Last, genauso wenig, wie wir die großen liberalen Denker, die die moderne kapitalistische Gesellschaft zu begründen halfen, für die Große Hungersnot in Irland oder den Ersten Weltkrieg verantwortlich machen. Marx dachte nicht im Traum daran, der Sozialismus könnte sinnvoll dazu genutzt werden, bitter arme, wirtschaftlich rückständige Nationen in die Moderne zu katapultieren. Geschähe dies, warnte er, dann bekäme man am Ende schlicht denselben alten Mist noch einmal. Die Folge wäre das, was Marx als verallgemeinerte Knappheit bezeichnete.

Um sozialistische Verhältnisse zu schaffen, muss man sich die Vorteile des Kapitalismus zunutze machen, eines Systems, das Marx mit überschwänglichem Lob bedachte. (Ein Marxist lässt sich von einem Postmodernen stets an der Hochachtung unterscheiden, die Ersterer für das revolutionäre Erbe der Mittelklassen empfindet.) Der Sozialismus erfordert materielle Ressourcen, demokratische Institutionen, eine blühende Zivilgesellschaft, aufgeklärte liberale Traditionen sowie eine gut ausgebildete und unterrichtete Arbeiterschaft. All dies ist nicht zu haben, wenn die Bevölkerung hungert, ungebildet ist und von Autokraten regiert wird. Natürlich können auch solche Nationen den sozialistischen Weg einschlagen, wie es die russischen Bolschewisten taten. Erfolgreich beschreiten können sie ihn jedoch nur, wenn ihnen reichere Länder zu Hilfe eilen. Im Fall der Bolschewisten marschierten diese Länder jedoch in Russland ein und ertränkten die frischgebackene Revolution in einem Meer von Blut.

Marx’ Werk läuft auf eine einzige Frage hinaus. Wie kommt es, dass die reichsten Zivilisationen der Menschheitsgeschichte von so viel Armut, Ungleichheit, Billigarbeit und Elend geprägt sind? Ist dies einfach nur ein bedauerliches Unglück, oder besagt es etwas über die strukturellen Widersprüche solcher Gesellschaftsordnungen? So wie Freud einen ganzen neuen Kontinent entdeckte und auf den Namen »das Unbewusste« taufte, so benannte und entblößte Marx die Dynamik der Systeme, untersuchte ihre historischen Ursprünge und beschrieb die Bedingungen ihres potenziellen Niedergangs. Dieser abgerissene jüdische Emigrant, ein Mann, der einmal bemerkte, niemand habe so viel über Geld geschrieben und so selten welches gehabt, machte das verborgene Getriebe jener Lebensform sichtbar, die den meisten von uns selbstverständlich ist. Nach Marx konnte man diese Lebensform nicht mehr mit einer universellen Gegebenheit namens menschliche Natur verwechseln. Heute reden sogar die Kapitalisten vom Kapitalismus. Ist es erst einmal so weit, dann weiß man, dass das System in Schwierigkeiten steckt. Seine innere Krise hat es seiner Natürlichkeit beraubt und als das enthüllt, was es ist.

 
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Leser-Kommentare
    • dschun
    • 23.05.2011 um 15:27 Uhr

    Wer sich auf eine amüsant eindringliche Weise mit Marx beschäftigen möchte, dem sind die Vorträge vom US Professor Richard D. Wolff ans Herz zu legen. Sein Englisch ist leicht verständlich und er garniert Wissenswertes mit Witz und Erfahrung. Eine dringende Empfehlung!

    http://rdwolff.com/

    • Elite7
    • 23.05.2011 um 16:23 Uhr

    Warum ist Herr Marx dafür verantwortlich, was wir aus seiner großen Idee machen? Er hat einen utopischen Idealstaat kreirt. Denken Sie wirklich, dass er so ins scheußliche Rampenlicht gezerrt werden wollte? Dann müsste das mit Platon und vielen weiteren genialen Denkern geschehen. Marx Fehler war es seine Idee zum falschen Zeitpunkt zu präsentieren. Bis heute hat es keinen wirklichen Kommunistenstaat gegeben, es wird wohl auch nie einen geben. Es ist schade, dass das Wort Kommunismus so negativ behaftet ist, natürlich wissen die Meisten auch nciht wovon die Rede ist und es wird wiederliche Propaganda gemacht. Wer sagt die DDR wäre ein Kommunistenstaat gewesen oder China und Kuba wären welche, der hat Marx nicht gelesen.
    Aber schön, dass es wieder aktuell wird und die Menschen endlich begreifen, dass eine Nichtregulierung auch nicht funktioniert.

    12 Leser-Empfehlungen
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    stringenten ideologischen Dogmatismus und Kollektivismus
    ab und ist deshalb prinzipiell die Hölle auf Erden!

    beruht dieses auf Ihrer Seite. Sie schreiben:

    "Warum ist Herr Marx dafür verantwortlich, was wir aus seiner großen Idee machen? Er hat einen utopischen Idealstaat kreirt. Denken Sie wirklich, dass er so ins scheußliche Rampenlicht gezerrt werden wollte?"

    Der Autor schrieb: "Marx die Schuld an Mao zu geben ist jedoch ungefähr so, als würde man Jesus die Inquisition in die Schuhe schieben."

    Er hat also das, was Sie hier nochmals ausführen, bereits im Text als Unsinnigkeit dargestellt. Sie sollten dem Autoren also eher zustimmen! Denn dass etliche, in diesem Bereich ungebildete Menschen so denken, wie es der Autor BESCHRIEBEN hat, ist nicht neu. Und dass gerade das falsch ist, versucht er diesen Menschen klarzumachen!

    stringenten ideologischen Dogmatismus und Kollektivismus
    ab und ist deshalb prinzipiell die Hölle auf Erden!

    beruht dieses auf Ihrer Seite. Sie schreiben:

    "Warum ist Herr Marx dafür verantwortlich, was wir aus seiner großen Idee machen? Er hat einen utopischen Idealstaat kreirt. Denken Sie wirklich, dass er so ins scheußliche Rampenlicht gezerrt werden wollte?"

    Der Autor schrieb: "Marx die Schuld an Mao zu geben ist jedoch ungefähr so, als würde man Jesus die Inquisition in die Schuhe schieben."

    Er hat also das, was Sie hier nochmals ausführen, bereits im Text als Unsinnigkeit dargestellt. Sie sollten dem Autoren also eher zustimmen! Denn dass etliche, in diesem Bereich ungebildete Menschen so denken, wie es der Autor BESCHRIEBEN hat, ist nicht neu. Und dass gerade das falsch ist, versucht er diesen Menschen klarzumachen!

  1. Ich würde ja gerne mal einen Ökonomen über Karl Marx hören. Statt dessen holt man einen Literaturwissenschaftler. Aber was soll's. Hierzulande läßt man ja auch Ethikprofessoren über AKWs entscheiden.

    Eine Leser-Empfehlung
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    "Das Kapital" von Karl Marx ist ein wissenschaftliches Werk. Vor einer solchen Wissenschaftlichkeit, insbesondere zur "Gesellschaft", scheuen sich die "Wirtschaftsweisen" wie der Teufel das Weihwasser, denn , dafür werden sie nicht bezahlt. Politik setzt anstatt dieser zur "Klärung" von Problemen der "Gesellschaft(en)" lieber zum Beispiel eine Enquete-Kommission zur Suche neuer "Fortschrittsindikatoren", die erwähnte Ethikkommission oder eine "G-20 Arbeitsgruppe" zum Finden eines neuen "Weltwährungssystems" ein.
    (s.a. erkenntniswiderspruch.de)

    Abgesehen davon halte ich es für zweifelhaft, ob es tatsächlich Ethikprofessoren sind die über AKWs entscheiden. Mir scheint eher, als hätte dies Fukushima getan. Und damit verbunden natürlich die zunehmend ablehnende Haltung eines immer größeren Teils der Bevölkerung. Nach einer Umfrage des stern, sind 71% der Bundesbürger bereit für grünen Strom mehr Geld zu bezahlen. Das dies von den Energiekonzernen mit Wohlwollen vernommen wird, ist wohl gerade auch unter Ökonomen selbstverständlich.

    Kommentar 3: "Ich würde ja gerne mal einen Ökonomen über Karl Marx hören. Statt dessen holt man einen Literaturwissenschaftler."

    Der Grund dafür mag sein, dass Marx' Ökonomie nicht viel taugt: seine Arbeitswertlehre ist verkehrt, seine Krisentheorie ist, wenn nicht ganz verkehrt, dann jedenfalls durch neuere Konjunkturtheorien überholt, und seine rudimentäre Theorie der Einkommensverteilung taugt wenig außer zur Schaffung von Ressentiments. Zur Praxis von Planwirtschaften hat er m.W. gar nichts geschrieben, auch wenn die kommunistischen Herrscher sich auf ihn beriefen.

    Marx Stärken liegen vielleicht eher auf der politisch-soziologischen Seite. Beispiel: "Das Sein schafft das Bewusstsein" (übersetzt: Wie jemand sein Geld verdient, ist maßgeblich dafür, wie er die Welt sieht und welche Ethik er entwickelt) ist doch brillant; besser kann man es gar nicht ausdrücken.

    "Das Kapital" von Karl Marx ist ein wissenschaftliches Werk. Vor einer solchen Wissenschaftlichkeit, insbesondere zur "Gesellschaft", scheuen sich die "Wirtschaftsweisen" wie der Teufel das Weihwasser, denn , dafür werden sie nicht bezahlt. Politik setzt anstatt dieser zur "Klärung" von Problemen der "Gesellschaft(en)" lieber zum Beispiel eine Enquete-Kommission zur Suche neuer "Fortschrittsindikatoren", die erwähnte Ethikkommission oder eine "G-20 Arbeitsgruppe" zum Finden eines neuen "Weltwährungssystems" ein.
    (s.a. erkenntniswiderspruch.de)

    Abgesehen davon halte ich es für zweifelhaft, ob es tatsächlich Ethikprofessoren sind die über AKWs entscheiden. Mir scheint eher, als hätte dies Fukushima getan. Und damit verbunden natürlich die zunehmend ablehnende Haltung eines immer größeren Teils der Bevölkerung. Nach einer Umfrage des stern, sind 71% der Bundesbürger bereit für grünen Strom mehr Geld zu bezahlen. Das dies von den Energiekonzernen mit Wohlwollen vernommen wird, ist wohl gerade auch unter Ökonomen selbstverständlich.

    Kommentar 3: "Ich würde ja gerne mal einen Ökonomen über Karl Marx hören. Statt dessen holt man einen Literaturwissenschaftler."

    Der Grund dafür mag sein, dass Marx' Ökonomie nicht viel taugt: seine Arbeitswertlehre ist verkehrt, seine Krisentheorie ist, wenn nicht ganz verkehrt, dann jedenfalls durch neuere Konjunkturtheorien überholt, und seine rudimentäre Theorie der Einkommensverteilung taugt wenig außer zur Schaffung von Ressentiments. Zur Praxis von Planwirtschaften hat er m.W. gar nichts geschrieben, auch wenn die kommunistischen Herrscher sich auf ihn beriefen.

    Marx Stärken liegen vielleicht eher auf der politisch-soziologischen Seite. Beispiel: "Das Sein schafft das Bewusstsein" (übersetzt: Wie jemand sein Geld verdient, ist maßgeblich dafür, wie er die Welt sieht und welche Ethik er entwickelt) ist doch brillant; besser kann man es gar nicht ausdrücken.

  2. "Der Sozialismus erfordert materielle Ressourcen, demokratische Institutionen, eine blühende Zivilgesellschaft, aufgeklärte liberale Traditionen sowie eine gut ausgebildete und unterrichtete Arbeiterschaft. All dies ist nicht zu haben, wenn die Bevölkerung hungert, ungebildet ist und von Autokraten regiert wird"
    Ist das nicht bezeichnend für die Politik unserer Regierung? Jetzt weiß ich wieso wir an der Bildung sparen. Wir wollen ja keinen Sozialismus!

    11 Leser-Empfehlungen
  3. Wir sind jetzt genau in der Phase, in der der Kapitalismus ins Destruktive kippt. Schumpeter hat - aufbauend auf Marx' Werk und unter Berücksichtigung der weiteren Entwicklung - in den 40er Jahren verblüffend exakt ein Szenario beschrieben, wie wir es heute haben. So sollte laut ihm das Szenario aussehen, das den Übergang in den Sozialismus als natürliches Nachfolgesystem einleitet.
    Die Irrungen und der vorzeitige Kollaps der Sowjetunion haben diesen Weg jedoch nachhaltig diskreditiert.
    So kommt es, dass heute zwar große Teile der Bevölkerung mit dem Lauf der Dinge nicht mehr einverstanden sind, manche auch schon deshalb auf die Straße gehen (siehe Spanien), eine greifbare, kollektiv akzeptierte Idee, welchen alternativen Weg man einschlagen könnte, aber nicht existiert.
    Ich denke, die Welt wird noch einige Male den Kopf an die Wand schlagen, bevor eine Neuorientierung - vielleicht unter Berücksichtigung von Marx' Theorien - erfolgen wird.

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    sind leider auch nach mehrmaliger Lektür einiger Regalmeter der MEW nicht zu entdecken. Außer einer breitgetretenen Arbeitswerttheorie in den drei Bänden "Das Kapital", der sogenannten Wertformanalyse", gibt es nichts. Nichts!

    Dieses Nichts ist genau der Grund, warum Marx heute noch im Kapitalismus als der große Kritiker dieses Kapitalismus gefeiert wird und von Hochschulprofessoren bei den Studenten angepriesen werden darf: Es ist von Marx und Engels für den Kapitalismus nichts zu befürchten!

    Regalmeter voll dicker Bücher ohne Inhalt, nach deren Studium die kritischen Köpfe ihre Zeit vergeudet haben. Die ganz großen Anhänger von Marx und Engels, die sich auch mit der Biografie näher befasst haben, merken früher oder später die wahren Hintergründe und schließen sich ihren Vorbildern an.

    Die ZEIT und die anderen Massenmedien im Kapitalismus würden Karl Marx und Friedrich Engels totschweigen, wenn die wirklich gefährliche Kritiker des Kapitalismus gewesen wären. So aber wird bei jeder aufkommenden Unruhe unter dem Volk wieder einmal für die "Wertformanalyse" Stimmung gemacht.

    Die herrschende Klasse lacht sich krumm über die opponierende Jugend, die dann wieder mit den Werken von Marx und Engels in ihr Verderben läuft.

    sind leider auch nach mehrmaliger Lektür einiger Regalmeter der MEW nicht zu entdecken. Außer einer breitgetretenen Arbeitswerttheorie in den drei Bänden "Das Kapital", der sogenannten Wertformanalyse", gibt es nichts. Nichts!

    Dieses Nichts ist genau der Grund, warum Marx heute noch im Kapitalismus als der große Kritiker dieses Kapitalismus gefeiert wird und von Hochschulprofessoren bei den Studenten angepriesen werden darf: Es ist von Marx und Engels für den Kapitalismus nichts zu befürchten!

    Regalmeter voll dicker Bücher ohne Inhalt, nach deren Studium die kritischen Köpfe ihre Zeit vergeudet haben. Die ganz großen Anhänger von Marx und Engels, die sich auch mit der Biografie näher befasst haben, merken früher oder später die wahren Hintergründe und schließen sich ihren Vorbildern an.

    Die ZEIT und die anderen Massenmedien im Kapitalismus würden Karl Marx und Friedrich Engels totschweigen, wenn die wirklich gefährliche Kritiker des Kapitalismus gewesen wären. So aber wird bei jeder aufkommenden Unruhe unter dem Volk wieder einmal für die "Wertformanalyse" Stimmung gemacht.

    Die herrschende Klasse lacht sich krumm über die opponierende Jugend, die dann wieder mit den Werken von Marx und Engels in ihr Verderben läuft.

  4. im der sonst neoliberalen Propagandaschleuder ZEIT ein solches Loblied auf den angeblich genialen Kritiker des Kapitalismus zu lesen:

    Karl Marx war der Schwager des preußischen Innenministers von 1850-58 Ferdinand von Westphalen. Sein erstes Opfer war der bei der preußischen Regierung in Ungnade gefallene Theologe Bruno Bauer. Später hat Marx dann den Handwerkerbund von Weitling unterwandert. In England war Karl Marx ein Mitarbeiter des David Urquhart, eines Agenten der britischen Krone.

    Aus einem internen Bericht der österreichischen Staatspolizei:

    "Eines der Hauptmittel, der Propaganda der deutschen Factiosen hindernd zu begegnen und den Erfolg ihrer Tätigkeit zu lähmen, lag in der klugen Benützung der Spaltungen derselben, welche namentlich durch die Einwirkung des Leiters der deutschen Communisten in England, Marx, der sich ganz unter dem Einfluße österreichischer Vertrauensorgane befindet und ein erbitterter Gegner Mazzinis und seiner Anhänger unter den Emigranten ist, hervorgerufen und unterhalten wird. In der Presse, namentlich in der Amerikas, wie in den Clubs, ist Marx mit der Bekämpfung seiner politischen Gegner beschäftigt und seine diesfälligen Rechenschaftsberichte, wie seine für die Presse bestimmten Artikel, gehen meist durch die Hände der Mittelsmänner, welche die Verbindung mit ihm zu erhalten und seine ausgezeichneten Talente im Interesse der guten Sache auszubeuten berufen sind."

  5. Sicher ist die politische Ökonomie "das" Leitthema bei Marx und Engels, doch im Sinne einer "Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft". Was beide bereits 1845 in der Deutschen Ideologie entwickeln und Marx 1859 als Basis-Überbau-Modell präzisiert, ist ein soziologisches Modell ! der sozialen Evolution. Geschaffen also ein gutes Stück vor Darwins Modell der biologischen Soziologie (1859). Auch "Das Kapital" ist ein soziologisches Modell des damaligen ! Kapitalismus, keine moraline Vernstaltung.
    Marx und Engels sind auch deshalb wesentliche Begründer der modernen ! Soziologie, weil mit ihrem Ansatz die Philosophie aufgehoben wurde, die Philosophie Hegels vor allem. Statt dessen ging es ihnen darum, positive Wissenschaft zu entwickeln, empirische Wissenschaft zur Analyse gesellschaftlicher Prozesse ! im Sinne einer Marxschen Dialektik, nicht mehr der Hegels (und auch nicht den einfach nur auf den - materiellen - Kopf gestellt). Ich habe das - soviel Eigenwerbung darf vielleicht mal sein - ausführlich dargestellt (www.larshennings.de).
    Was beide dennoch über einen "Zukunftsstaat" nach ihrer Vorstellung angedeutet haben (obwohl sie über solche Utopien spotteten) würden wir heute als basisdemokratische und ökologische Orientierung bezeichnen. Nein, Lenin empfahl, es müsse Hegel gelesen werden, um Marx zu verstehen, empfahl den Genossen also die Rückkehr zur philosophischen Interpretation - und landete bei einem "wahren Sozialismus".
    Was schade war!

    Reaktionen auf diesen Kommentar anzeigen
    • Gaius
    • 23.05.2011 um 19:50 Uhr

    Also wenn ich mich nicht recht irre, waren es doch die Franzosen, vor allem Auguste Comte, die als wahre Grundsteinleger der Soziologie gelten können. Marx' materialistische Geschichtsphilosophie mag auf die empirische Sozialforschung einigen Einfluss gehabt haben. Allerdings sind m.E. alle Theoreme zur Erklärung menschlichen Wollens und Sollens im Kontext seiner sozialen Umwelt bis Max Weber wenig modern.

    Ein geschlossenes Weltbild, das von der Prämisse ausgeht, die Geschichte und ihr Endziel seien apriori in Stein gemeißelt, taugt meiner Meinung nach nur noch für Globalisierungsmisanthropen. Aktuell ist etwas anderes...

    • Gaius
    • 23.05.2011 um 19:50 Uhr

    Also wenn ich mich nicht recht irre, waren es doch die Franzosen, vor allem Auguste Comte, die als wahre Grundsteinleger der Soziologie gelten können. Marx' materialistische Geschichtsphilosophie mag auf die empirische Sozialforschung einigen Einfluss gehabt haben. Allerdings sind m.E. alle Theoreme zur Erklärung menschlichen Wollens und Sollens im Kontext seiner sozialen Umwelt bis Max Weber wenig modern.

    Ein geschlossenes Weltbild, das von der Prämisse ausgeht, die Geschichte und ihr Endziel seien apriori in Stein gemeißelt, taugt meiner Meinung nach nur noch für Globalisierungsmisanthropen. Aktuell ist etwas anderes...

  6. "Das Kapital" von Karl Marx ist ein wissenschaftliches Werk. Vor einer solchen Wissenschaftlichkeit, insbesondere zur "Gesellschaft", scheuen sich die "Wirtschaftsweisen" wie der Teufel das Weihwasser, denn , dafür werden sie nicht bezahlt. Politik setzt anstatt dieser zur "Klärung" von Problemen der "Gesellschaft(en)" lieber zum Beispiel eine Enquete-Kommission zur Suche neuer "Fortschrittsindikatoren", die erwähnte Ethikkommission oder eine "G-20 Arbeitsgruppe" zum Finden eines neuen "Weltwährungssystems" ein.
    (s.a. erkenntniswiderspruch.de)

    Antwort auf "Ein schöner Traum"
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  • Von Terry Eagleton
  • Datum 23.5.2011 - 15:14 Uhr
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  • Quelle DIE ZEIT, 19.5.2011 Nr. 21
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